Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe - ungesund für Dich?!

Der Genuss von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen wird von vielen Seiten kritisch betrachtet. Ihnen wird nachgesagt, Übergewicht und Diabetes zu fördern, Heißhungerattacken auszulösen, die Darmflora zu schädigen und den Insulinspiegel zu beeinträchtigen.

Wenn die Stoffe also schlecht für uns sind, warum verwenden wir sie überhaupt in unseren sweetful things? Nun, um Dir die Beantwortung dieser Frage schon einmal vorweg zu nehmen: Weil wir der Meinung sind, dass Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe weit mehr Vor- als Nachteile für Dich und Deine Gesundheit mit sich bringen.

In diesem doch etwas längeren Artikel werden wir eben dieser Frage der Gesundheit ein wenig näher betrachten, denn sie ist weitaus komplexer, als es so mancher Gegner von Süßstoffen versucht, zu vermitteln. Viel Spaß beim Lesen!

Fragezeichen geformt aus Süßstoff Nahaufnahme

„Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe beeinträchtigen die Darmflora“

Dass unsere Darmflora extrem wichtig für unser Wohlbefinden ist, ist unbestritten. Daher ist ein groooßer (!) Kritikpunkt an Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen, dass diese schädlich für die Darmflora sind, bzw. seien - schließlich können diese ja abführend wirken...

Um über dieses Thema aufzuklären, müssen wir hier aber noch einmal einen kurzen Exkurs in den Bereich der Begriffsbedeutungen machen: Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sind nämlich nicht gleichzusetzen. Zuckeraustauschstoffe (oder auch Polyole, Zuckeralkohole, mehrwertige Alkohole) beschreiben nämlich die Stoffe, die – anders als die Süßstoffe – nicht ganz frei von Kilokalorien sind. Sie haben eine geringere Süßkraft und können durchaus einen Einfluss auf unser Verdauungssystem haben. Generell gilt aber, dass gerade der Zuckeralkohol Erythrit sehr gut vertragen wird, da dieser zu rund 90 % bereits im Dünndarm abgebaut wird.

Süßstoffe dagegen beeinträchtigen die Darmflora wenig bis gar nicht! Studien von Suez et al. 2014, als auch Abou-Donia et al. 2008 führen zwar auf, dass Süßstoffe beeinträchtigend wirken, allerdings sind genau diese Studien (die vielfach herangezogen werden, um eine Darmschädigung aufzuzeigen), stark umstritten. So zeigt z. B. die Studie von Suez et al. methodische Schwächen, in Form von u. a. einer fehlenden Kontrollgruppe. Die Studie von Abou-Donia dagegen untersucht nur die Auswirkung von Sucralose auf die Darmflora von Mäusen in extrem hohen Dosierungen (hier wären wir bei dem Punkt „Die Dosis macht das Gift“ - näheres dazu später im Beitrag). Auch hier zeigt sich wieder die kontroverse Haltung der Wissenschaft zum Thema; Eine sehr aktuelle Studie von Serrano et. al 2021 kommt nämlich zu dem Schluss, dass die Einnahme von Saccharin in der empfohlenen Tagesdosis zu keiner Schädigung führt. Auch Aspartam schädigt vielen Studien zufolge Deiner Darmflora nicht [s. z. B. Ruiz-Ojeda et al. 2019].

Du siehst also, allein die Beantwortung der an sich simplen Frage, ob Süßstoffe eine Auswirkung auf Deinen Darm haben, ist schwieriger als Du denkst. Es sollte jedoch angemerkt werden, dass der Zustand Deiner Darmflora von vielen Faktoren abhängig ist (allgemeine Ernährung, Wohlbefinden, Stress) und bei Aufnahme der empfohlenen Dosen an Süßstoffen (s. weiter unten) präbiotische Effekte, wie Blähungen und Verdauungsbeschwerden oder sogar eine Schädigung, nicht zu erwarten ist.

„Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sind schädlich für die Gesundheit“

Nun, hierzu möchten wir direkt mal altklug den folgenden Spruch herauskramen: Die Dosis macht das Gift! Generell gilt: Alle Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe werden genauestens geprüft, bevor sie in der EU zugelassen werden. Zusätzlich werden Grenzwerte festgelegt, die angeben, in welcher Konzentration die Aufnahme für Dich unbedenklich ist. Diese werden außerdem mit einem Sicherheitsfaktor von 100 aufgestellt, was so viel bedeutet, dass selbst eine Überschreitung der täglich aufgenommenen Menge keine Nebenwirkungen auf Dich haben wird.

Dem Verständnis wegen möchten wir Dir eine Rechnung anhand der Richtwerte für Süßstoffe am Beispiel Sucralose vorstellen:

Für Sucralose gilt eine empfohlene maximale Aufnahme von 15 mg pro Kilogramm Körpergewicht am Tag [BfR 2014]. Bei Annahme, dass Du 60 kg wiegst, dürftest Du bedenkenlos 900 mg Sucralose zu Dir nehmen. Um diese Menge zu erreichen, müsstest Du also mehr als 9 Dosen Nussemble (Gehalt an Sucralose von rund 100 mg pro Dose) täglich essen.

Bei der Menge würde der Genuss definitiv auf der Strecke bleiben, oder? 😉

Griff nach Dose Nussemble von Oben

Zur weiteren Untermauerung der Rechnung hat eine Studie von Magnuson et al. 2007 anhand des Süßstoffes Aspartam gezeigt, dass Du diesen in extrem hohen Mengen (4.000 mg pro Kilogramm Körpergewicht am Tag) zu Dir nehmen müsstest, bis dieser krebserregend wirken würde. Diese Mengen sind über Deine normale Ernährung nicht nur unerreichbar, sind auch schlichtweg völlig ungenießbar.

Unser Fazit zum Thema „Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe sind schlecht für die Gesundheit“ lautet daher: Es kommt – wie bei allem, was Du zu Dir nimmst – darauf an, wie viel Du davon isst. Und per se sind nicht alle Produkte, die künstlich hergestellt werden, ungesund.

„Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe fördern Übergewicht und Diabetes“

Dieser Satz klingt schon irgendwie verquer, oder? Wie können denn Stoffe mit wenig bis gar keine Kalorien und Kohlenhydraten Übergewicht und Diabetes fördern?

Nun, die Aussage beruft sich vielfach auf Beobachtungsstudien, die diskutieren, ob etwa Süßstoffe den Appetit anregen und schließlich so zu Übergewicht und sogar Diabetes führen. Ein weiterer Mechanismus, der zu Diabetes führen könnte, wäre, dass der süße Geschmack zu einer erhöhten Insulinausschüttung führt, was langfristig unseren Körper unempfindlicher gegen das Hormon macht (Stichwort „Insulinresistenz“). Eine dritte Variante der Diabetesförderung könnte erneut das Thema der Beeinflussung unserer Darmflora (siehe oben) durch Süßstoffe sein und ein damit einhergehender gestörter Zuckerstoffwechsel.

So weit so gut, die Fragestellungen sind gestellt und die ersten Studien sind bereits durchgeführt worden. Aber genau an dieser Stelle wird es erneut kniffelig – So kommt zum Beispiel die zusammenfassende Übersichtsstudie von Azad et al. 2017 zwar zu dem Schluss, dass ein leicht erhöhtes Diabetesrisiko vorliegen könnte, wobei aber die herangezogenen Untersuchungen zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt haben. Außerdem weisen die Autoren darauf hin, dass Studien, die keinen Zusammenhang von Diabetes und Süßstoffen nachweisen konnten, möglicherweise nicht veröffentlicht wurden – was somit zu einem verzerrten Gesamtbild ihrer Übersichtsstudie hat führen können.

Also was bleibt? Ist nun ein Zusammenhang von Übergewicht, Diabetes und Süßstoffkonsum da, oder nicht? Die Antwort lautet: Ja und Nein. Denn auf der anderen Seite belegen mehrere Arbeiten das genaue Gegenteil; So zeigen die Studien von u. a. Miller und Perez 2014, Catenacci et al. 2014, oder Molina et al. 2020, dass eine Verwendung von Süßstoffen zu einer Reduzierung von Körperfett beiträgt.

Was bedeutet das nun für Dich? Kannst Du nun Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe bedenkenlos zu Dir nehmen, ohne Angst vor Übergewicht und Diabetes haben zu müssen? Wir positionieren uns da ganz klar auf die “Ja, kannst Du“-Seite. Denn viele Faktoren, wie eine „ungesunde“ Ernährung oder wenig Bewegung, welche sich auf das Übergewichts- und Diabetes-Risiko einerseits, und auf den Süßstoff-Konsum andererseits auswirken, wurden in den Studien nicht beachtet.

Zudem ist anzumerken, dass ausschließlich das Augenmerk auf Süßstoffe in den Studien liegt. Die Datenlage zu den Auswirkungen von Zuckeraustauschstoffen ist dagegen verschwindend gering – wohl auch zu Recht.

Fazit muss sein

Du siehst, in Sachen Süß- und Zuckeraustauschstoffe und deren gesundheitliche Folgen, besteht noch sehr viel Forschungs- und Aufklärungsbedarf. Gerade die Studien, die eine eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung herleiten, weisen in ihren grundliegenden Untersuchungen oft unklare Details auf. Leider werden gerade diese Studien vielfach herangezogen, wenn es darum geht, bestimmte Ideologien zu verbreiten, oder einfach Seitenaufrufe zu generieren.

Wir freuen uns, wenn Du unsere doch ziemlich lange Meinung zum Thema Gesundheit und Süß- sowie Zuckeraustauschstoffe bis hierhin aufmerksam gelesen hast. Du merkst, dass das Thema sehr kontrovers ist und wir hoffen, Dir ein wenig bei Deiner eigenen Meinungsbildung behilflich gewesen sein zu können. Vielen Dank!

Achtung! Es handelt sich hierbei nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung. Hier werden persönliche Meinungen wiedergegeben, für die der Autor nicht haftbar zu machen ist.

 

Quellen

[1] Abou-Donia, M.B. et al. 2008: Splenda alters gut microflora and increases intestinal p-glycoprotein and cytochrome p-450 in male rats. 

[2] Azad M.B. et al. 2017: Nonnutritive sweeteners and cardiometabolic health: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials and prospective cohort studies

[3] Bundesinstitut für Risikobewertung 2014: Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen.

[4] Catenacci, V.A. et al. 2014: Low/​no calorie sweetened beverage consumption in the National Weight Control Registry.

[5] Magnuson, B.A. et al. 2007: Aspartame: a safety evaluation based on current use levels, regulations, and toxicological and epidemiological studies

[6] Miller, P.E./Perez, V. 2014: Low-calorie sweeteners and body weight and composition: a meta-analysis of randomized controlled trials and prospective cohort studies.

[7] Molina, H.-L. et al. 2020: Effects of nonnutritive sweeteners on body weight and BMI in diverse clinical contexts: Systematic review and meta-analysis.

[8] Ruiz-Ojeda, F.J. et al. 2019: Effects of Sweeteners on the Gut Microbiota: A Review of Experimental Studies and Clinical Trials

[9] Serrano, J. et al. 2021: High-dose saccharin supplementation does not induce gut microbiota changes or glucose intolerance in healthy humans and mice.

[10] Suez, J. et al. 2014: Artificial sweeteners induce glucose intolerance by altering the gut microbiota.

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